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Plattform Industrie 4.0

VDI TZ unterstützt bei Positionspapier zum Entwurf neuer EU-Produkthaftungsrichtlinie

Für Verbraucher*innen und Unternehmen ist Produkthaftung ein wichtiges Thema. Die Haftung für digitale Produkte ist im EU-Raum allerdings nicht geregelt. Ein neuer Richtlinien-Entwurf der EU-Kommission geht nun zum ersten Mal auf die Digitalisierung ein und ruft bei Herstellern Lob, aber auch Kritik hervor. Als Teil der AG „Rechtliche Rahmenbedingungen“ der Plattform Industrie 4.0 unterstützte das VDI TZ bei der Erstellung eines Positionspapiers, um konstruktive Vorschläge für eine Präzisierung der Richtlinie in die Debatte einzubringen. 

Seit 1985 gibt es die europäische Produkthaftungsrichtlinie 85/374/EWG. Sie regelt die Gefährdungshaftung für Personen- und Sachschäden. Im September 2022 legte die Europäische Kommission den Entwurf einer überarbeiteten Produkthaftungsrichtlinie vor, der nun auch „digitale Produkte“ wie Software und KI einbezieht und damit der voranschreitenden Digitalisierung und Kreislaufwirtschaft Rechnung tragen soll.  

Positionspapier bietet konstruktive Präzisierungen 

Die Arbeitsgruppe „Rechtliche Rahmenbedingungen“ der Plattform Industrie 4.0 hat den Entwurf der EU-Kommission ausgewertet und begrüßt grundsätzlich die Ausrichtung der neuen Richtlinie auf die Digitalisierung, wirft jedoch auch einen kritischen Blick auf die vorgeschlagenen Haftungsverschärfungen für die produzierende Industrie. Das neue Positionspapier der Arbeitsgruppe fasst fünf problematische Kernpunkte zusammen und schlägt Präzisierungen an mehreren Stellen im Entwurf vor. 

Fünf kritische Kernpunkte 

  1. Eine zentrale Neuerung im Entwurf besteht darin, künftig beispielweise auch „Software“ unter dem Begriff „Produkt“ zu erfassen. Um ausufernde Regulierung zu verhindern, bedarf es hier laut Arbeitsgruppe einiger Unterscheidungen, z. B. für den Sonderfall Open-Source-Software, bei Dienstleistungen wie Software as a Service oder bei sogenannten digitalen Bauunterlagen.  
  2. Kritisch sieht die Arbeitsgruppe auch die wesentliche Erweiterung von Offenlegungspflichten für Hersteller in Art. 8. In Kombination mit den in Art. 9 dargelegten Erleichterungen der Beweislast für den Kläger ergibt dies im Streitfall ein unausgewogenes Gesamtbild zulasten der Industrie.  
  3. Durch den Wegfall des Selbstbehaltes für Hersteller in Höhe von EUR 500 im Fall von Sachschäden und gleichzeitiger Einführung der neuen europäischen Verbandsklage samt technischer Möglichkeiten gleichartige Ansprüche zu bündeln, wird die Haftung für Hersteller zusätzlich verschärft. 
  4. Daneben sorgt die Erweiterung des Kreises von Haftungsadressaten, die mit dem neuen Entwurf ebenfalls der verschuldensunabhängigen Produkthaftung unterliegen sollen, für Unsicherheiten beim Hersteller.  
  5. Auch für die avisierte Regelung bzgl. Software-Updates nach dem Inverkehrbringen eines Produktes bedarf es laut Arbeitsgruppe einer genaueren Betrachtung. Denn für den Hersteller ist das im Entwurf geforderte Bereithalten von Software-Updates, die den aktuellen Stand von Wissenschaft und Technik abbilden, sehr aufwändig. Die Arbeitsgruppe fordert deshalb auch hier eine Regelung, die zumutbar ist. 

„Mit diesem Positionspapier unterstützen wir die deutsche Industrie dabei, einen wichtigen Beitrag im Rahmen des Gesetzgebungsverfahren zu leisten“, sagt Christina Leimbach, Technologieberaterin am VDI TZ. Über die Geschäftsstelle der Plattform Industrie 4.0 am VDI TZ begleitet sie die Arbeitsgruppe „Rechtliche Rahmenbedingungen“. „Wir freuen uns, dass das juristische Netzwerk der Arbeitsgruppe wächst und Jurist*innen aus Wissenschaft, Wirtschaft, Verbänden und Gewerkschaften, damit umfangreiches Know-how aus diversen Branchen und Fachrichtungen vereint. Auch das vorliegende Papier ist das gelungene, komprimierte Ergebnis konstruktiver Diskussionsrunden.“ 

Die Rolle des VDI TZ in der Plattform Industrie 4.0 

Die vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) und vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte Plattform Industrie 4.0 gestaltet die digitale Transformation in der Produktion in Deutschland. Gemeinsam mit der ifok GmbH betreibt das VDI Technologiezentrum die Geschäftsstelle der Plattform und organisiert sowie koordiniert deren Aktivitäten.  

Die Plattform ist dabei in sechs Arbeitsgruppen strukturiert, die sich jeweils auf Schlüsselthemen der Industrie 4.0 fokussieren. Das VDI TZ unterstützt die Arbeitsgruppen inhaltlich wie organisatorisch, treibt ihre Vernetzung mit weiteren Akteuren voran und macht ihre Ergebnisse sichtbar. Nähere Informationen zu den Arbeitsgruppen finden Sie hier.

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